“Les Contes d’Hoffmann” von Offenbach mag der leidenschaftlichste Liebesbrief sein, der je an die Oper geschrieben wurde. Nach einer Karriere voller Operetten und komischer Werke setzte der Komponist sein Ziel darauf, eine Oper zu schaffen, die mit seinem Stil und seinen Vorlieben im Einklang stand, aber auch über sie hinausging. Das Ergebnis ist ein Werk, das im Repertoire einzigartig ist – eine schneidende Erforschung von Charakter, Fantasie, Liebe und vor allem von Schöpfung. Obwohl Offenbach vier Monate vor der Premiere seines Meisterwerks starb, lebt seine Leidenschaft und sein Genie darin weiter.
“Hoffmann” ist eine dieser besonderen Opern im Repertoire, für die keine definitive Version existiert. Im Laufe der Geschichte, als Entdeckungen gemacht wurden, wurde das Werk so arrangiert und umarrangiert, dass es unterschiedlichen musikalischen Geschmäckern oder in neuerer Zeit auch Regiekonzepten entsprach. Dies macht “Hoffmann” allein zu einer der interessantesten Opern, besonders in verschiedenen Inszenierungen.
Robert Carsen ist es gelungen, eine ikonische Inszenierung von “Hoffmann” zu schaffen, die bereits fast 25 Jahre besteht und eine Institution an der Opéra National de Paris ist. Seine Inszenierung feiert die Schöpfung sowie die Schöpfung der Oper selbst und spielt mit verschiedenen Perspektiven des Schöpfungsprozesses. Die Inszenierung nutzt den Raum perfekt, so dass sich nie zu viel auf der Bühne abspielt und immer klar ist, wohin die Aufmerksamkeit gelenkt werden soll.
Benjamin Bernheim erwies sich als idealer Hoffmann, der mit seiner makellosen Stimme, seiner Bühnenpräsenz und seinem musikdramatischen Feingefühl punktete. Seine Interpretation der großen Solomomente in jeder der Akte war intensiv und zeigte eine musikalische Entwicklung, die den Zuschauer mitnahm. Christian Van Horn als die Schurken ergänzte Bernheim perfekt mit seiner kraftvollen und kontrollierten Darbietung.
Die anderen Sängerinnen, darunter Angela Brower, Rachel Willis-Sørensen, Antoinette Dennefeld und Pretty Yende, ergänzten das Ensemble und trugen zur Vielfalt der Produktion bei. Der Dirigent Eun Sun Kim sorgte im Orchestergraben für festliche Kontrolle und unterstützte die Sänger gekonnt. Insgesamt war diese Aufführung eine gelungene Verschmelzung von Musik und Theater und eine Hommage an Offenbachs Opernkunst.