Marburg in Deutschland hat sich als Blindenstadt positioniert, größtenteils dank des Einflusses seiner Blindenschule. Die Stadt prahlt damit, ein Ort zu sein, der das Leben für Blinde und Sehbehinderte so einfach wie möglich gestaltet. Diesen Ruf und die inklusive soziale Struktur verdankt sie einer besonders innovativen Schule. Die Blindenstudienanstalt (Blista) wurde während des Ersten Weltkriegs gegründet und hat seither zahlreiche Erfindungen für Blinde hervorgebracht, darunter eine taktile mathematische Schrift.
Die Blista und ihre Schüler haben viele dieser Innovationen vorangetrieben, Alltagshilfen wie einen faltbaren Stock entwickelt und die Zusammenarbeit mit der Universität genutzt, um die Zugänglichkeit in verschiedenen Bereichen zu verbessern. Besonders die Naturwissenschaften wurden bisher von Barrieren für Blinde geprägt. Ein spezielles Lehrerteam hat hier jedoch neue Wege entwickelt, um Chemie auch für blinde Schüler zugänglich zu machen, z.B. über 3D-Modelle von Molekülen und Sensormaterialien für Laboruntersuchungen.
Die Carl-Strehl-Schule in Marburg, die mit der Blista verbunden ist, hat als eine führende Institution in der inklusiven Bildung in Deutschland einen Katalog an multisensorischen Materialien entwickelt, um Schülern vielfältige Lernerfahrungen zu ermöglichen. Dies umfasst auch Kurse in fortgeschrittener Chemie, bei denen das Labor an die Bedürfnisse blinder Schüler angepasst wurde. Die Schüler haben die Möglichkeit, durch sensorische Experimente die Welt der Naturwissenschaften zu erkunden, unterstützt von innovativen Lehrmethoden.
In Marburg haben blind und sehbehinderte Menschen einen hohen Stellenwert in der Gemeinschaft und sind in vielen Aspekten des täglichen Lebens integriert. Die Stadt hat sich als Modell für inklusive Innovationen etabliert, bei denen barrierefreies Design allen zugute kommt. Angefangen bei sprechenden Bushaltestellen bis hin zu Brailleschrift-Menüs in Restaurants, sind viele Annehmlichkeiten der Stadt auch für Sehende von Nutzen. Dieses inklusive Designkonzept könnte Marburg zu einem Leuchtturm für zukünftige “Smart Cities” machen, bei denen Barrierefreiheit ein entscheidendes Kriterium für den Status als “Smart City” wird.