Mehrere hundert Menschen gingen am Montagabend in der deutschen Universitätsstadt Marburg auf die Straße, um gegen eine geplante Buchlesung des extrem rechten österreichischen Autors und Aktivisten Martin Sellner zu protestieren. Lokale Polizeikräfte gaben an, dass sich etwa 700 Demonstranten auf dem zentralen Marktplatz von Marburg versammelten, eine Zahl, die laut Bürgermeister Thomas Spies noch auf eine “signifikante vierstellige Zahl” anstieg. Spies, der den Sozialdemokraten (SPD) angehört, erwartete von den Bewohnern ein “klares Signal” gegen “verwerfliche Theorien und unmenschliche Kommentare”.
Sellner wurde in Wien geboren und gilt als Schlüsselfigur in der sogenannten “Identitären Bewegung”, die vom deutschen Bundesamt für Verfassungsschutz offiziell als rechtsextrem eingestuft wird. Er präsentierte in einer Versammlung der deutschsprachigen Rechten seine sogenannte “Remigrations”-Theorie, ein Plan für die Massendeportation von “nicht assimilierten” deutschen Bürgern, Asylsuchenden und bestimmten Inhabern von deutschen Aufenthaltsgenehmigungen.
Die Lesung sollte in einer der Burschenschaften der Universitätsstadt stattfinden, die aufgrund ihrer Verbindungen zur “Identitären Bewegung” bekannt sind. Zwei solcher Verbindungen in Marburg distanzierten sich von Sellner und erklärten gegenüber der örtlichen Medienagentur Hessenschau, dass sie die Lesung nicht ausrichten würden. Der Stadtrat von Marburg, mit Ausnahme der Abgeordneten der rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) sowie mehrerer anderer Parteien, verurteilte im Voraus das Bestreben Sellners, Theorien über die Abschiebung von Einwohnern zu verbreiten.
Sellner wies Vorwürfe zurück, seine Theorien seien unmenschlich oder eine Bedrohung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Mehrere Länder, darunter die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich, haben Reiseverbote gegen Sellner verhängt. Ein deutsches Gericht in Potsdam erließ im März ein Einreiseverbot vor einer früheren Lesung, das Sellner jedoch durch einen Eilantrag aufheben ließ.